Beruf
Nach dem Übersetzungsstudium habe ich zunächst mit kleineren Übersetzungsprojekten auf freiberuflicher Basis versucht, erste Berufserfahrung zu sammeln. Eigentlich wollte ich aber lieber als Übersetzerin in Festanstellung, vorzugsweise in einer größeren Anwaltskanzlei, arbeiten. Zum Ende meines Studiums (2006) wurden Übersetzungsarbeiten jedoch von den meisten Firmen extern vergeben, festangestellte Übersetzer leistete sich kaum jemand.
Nach einer Weile streckte ich meine Fühler etwas weiter in der Branche aus und nahm so letztendlich eine Stelle als Projektmanagerin in einer kleinen Übersetzungsagentur an. Aufgrund der Größe des Unternehmens wurden hier viele Lektoratsarbeiten und auch kleinere Übersetzungsaufträge noch intern erledigt, sodass ich nicht ganz so weit von der eigentlichen Übersetzertätigkeit weg war und zugleich aber auch einen guten Einblick in die verwaltungstechnische und organisatorische Seite des Übersetzerberufs bekommen konnte – zum Beispiel waren auch die Kundenakquise und die Beratung zu CAT-Tools und Terminologiearbeit Teil meines Tätigkeitsbereichs.
Nach zweieinhalb Jahren wechselte ich zu einem anderen Sprachdienstleister, ebenfalls als Projektmanagerin für Übersetzungsprojekte. Aber das Tätigkeitsfeld war mehr auf das reine Projektmanagement beschränkt. Linguistische bzw. translatorische Tätigkeiten waren nicht gefragt. Aus diesem Grund entschloss ich mich nach zweieinhalb Jahren, wieder als Freiberuflerin zu arbeiten. Jedoch beschränkte ich mich dabei nicht aufs reine Übersetzen, sondern bot auch Projektmanagement und Consulting im Bereich Lokalisierung an. Einer meiner größten Kunden war damals direkt Agilent. Ich übernahm das Projektmanagement der Lokalisierung für den deutschsprachigen Raum und konnte aufgrund meiner Berufserfahrung auch bei Fragen zu Translation-Management-Systemen und Terminologie-Management weiterhelfen.
Als Agilent 2016 beschloss, das Terminologie-Management in Zukunft intern zu übernehmen, wurde mir die neu geschaffene Stelle als Terminologin angeboten, die ich nun komplett nach meinen Vorstellungen gestalten kann.
Die Aufgaben und Verantwortungen in meinem jetzigen Beruf sind Terminologiemanagement (Englisch als Quellsprache mit neun Zielsprachen), Pflege der Terminologiedatenbanken (TermWeb und Acrolinx), Termextraktion aus bestehenden Publikationen, Zusammenarbeit mit den verschiedenen Produktlinien zur Erstellung und Pflege der (neuen) Produkt- und Teilenamen und der entsprechenden technischen Fachbegriffe, Zusammenarbeit mit dem Lokalisierungsteam bei der Lokalisierung der extrahierten Terminologie, Acrolinx- und Terminologieschulungen für interne und externe Mitarbeiter, Erstellung und Pflege der Style-Guides für die Lokalisierung und laufende Aktualisierung und Dokumentation aller mit der Terminologiearbeit verwandten Prozesse.
Ich habe mich schon immer für Terminologie interessiert, bereits meine Diplomarbeit war eine Terminologiearbeit. Als Freiberuflerin war mein jetziger Arbeitgeber Agilent schon mein Kunde und ich konnte aufgrund meiner Berufserfahrung, und da ich mich parallel stetig im Bereich CAT-Tools und Terminologie weitergebildet hatte, oftmals bei Fragen zu diesen Bereichen aushelfen, besonders wenn der Consultant, der damals das Terminologiemanagement übernommen hatte, aufgrund unterschiedlicher Zeitzonen nicht erreichbar war.
Studium
Im Grunde lag es nahe, Übersetzung zu studieren, da ich in der Schule in Sprachen immer mit sehr wenig Aufwand sehr gute Noten erhielt. Als ich dann einmal an einer Konferenz teilnehmen durfte, bei der auch gedolmetscht wurde, war der Berufswunsch gefasst. Im Grundstudium liefen Übersetzen und Dolmetschen noch parallel, sodass man in beide Bereiche „reinschnuppern“ konnte. So wurde mir bewusst, dass ich mich eigentlich gerne viel länger mit Texten beschäftigte, um die perfekte Formulierung zu finden, als das beim Dolmetschen möglich ist. Somit habe ich mich letztendlich fürs Übersetzen entschieden.
Ich wusste während des Studiums realistisch gesehen nicht, welche Berufsoptionen ich haben würde. Wir hatten gegen Ende der Schulzeit einen Informationsabend zu verschiedenen Berufen. Das dort vermittelte Bild der beruflichen Situation als Übersetzer traf aber (zumindest, bis ich das Studium beendet hatte) nicht (mehr) zu. Ich dachte damals, dass ich mal als Gerichtsdolmetscherin arbeiten würde – in Festanstellung versteht sich...
Ich habe aber, um ehrlich zu sein, relativ wenige Kenntnisse vom Studium mitgenommen, die mir jetzt noch hilfreich sind. In meinem Beruf ist ein sehr gutes technisches Verständnis der verschiedenen Tools eine Grundvoraussetzung. Dies wurde zumindest damals leider gar nicht vermittelt. Es gab zwar ein oder zwei CAT-Tool-Kurse pro Semester, aber die waren immer schon überfüllt. Auf Terminologiemanagement wurde so gut wie gar nicht eingegangen. Lediglich für die Fachübersetzungsübungen wurde uns geraten, ein Glossar zu erstellen.
Was mir heute tatsächlich noch etwas bringt, ist der kulturwissenschaftliche Aspekt, der im Studium vermittelt wird, da ich heute mit Mitarbeitern aus den verschiedensten Kulturkreisen zusammenarbeite.
Übersetzung
Ich habe ca. drei Jahre als Übersetzerin gearbeitet aber mich für einen anderen Beruf entschieden. Hauptsächlich, weil ich die Unsicherheit nicht mag, welche die Freiberuflichkeit mit sich bringt. Auch das Eintreiben von Rechnungsbeträgen, was doch relativ häufig vorkommt, war nicht wirklich meine Lieblingsbeschäftigung. Festanstellungen sind in diesem Bereich leider nach wie vor sehr rar.
Wenn ich in meinem jetzigen Beruf nicht so glücklich wäre, könnte ich mir eventuell vorstellen, zukünftig wieder als Übersetzerin tätig zu sein. Ich arbeite einfach gerne mit Sprachen und freue mich, wenn es mir gelingt, die Brücke zwischen zwei Sprachen zu bilden und somit Inhalte einer anderen Sprecherfamilie zugängig zu machen.
Meine Tipps für angehende Übersetzer: Man sollte frühzeitig einfach mal Stellenanzeigen in dem Bereich, in dem man nach dem Studium tätig werden möchte, durchsehen, um zu schauen, welche Fähigkeiten gefordert werden. So kann man sich in diese Richtung weiterbilden und hat gleichzeitig einen Überblick über den Stellenmarkt.
Als Übersetzer stehen einem sehr viele Wege offen – manchmal auch über Umwege und es lohnt sich, über den Tellerrand hinauszuschauen. Zum Beispiel arbeitet ein ehemaliger Kommilitone inzwischen als Lehrer und ist damit sehr glücklich.