Übersetzung, Lokalisierung oder Transkreation?
Flurina Kühn-Schwendimann erklärt die Unterschiede zwischen Übersetzung, Lokalisierung und Transkreation.
Viele Unternehmen führen ein Product-Information-Management-System (PIM-System) ein, um das Produktdatenmanagement zu digitalisieren und modernisieren. Für international tätige Unternehmen kommt im Zuge der Recherche nach der geeigneten PIM-Lösung eine weitere Frage auf: Wie sollen die Inhalte aus der PIM-Software übersetzt werden? Klingt trivial, ist es aber keineswegs. Denn es geht um Ihre Produktdaten, die wohl zu den wertvollsten Informationen Ihres Unternehmens gehören.
In diesem Artikel erläutern wir, welche Optionen Unternehmen haben, Produktbeschreibungen in mehrere Sprachen zu übersetzen. Wir gehen dabei auch auf die Vorteile einer Anbindung zwischen PIM-Systemen und Translation-Management-Systemen (TMS) ein, die die Übersetzungsprozesse deutlich beschleunigen kann.
Der Übersetzungsprozess der wertvollen Produktdaten sollte kein Randthema, sondern ein vollwertiger Bestandteil der PIM-Einführung sein.
Früher war die größte Herausforderung von Unternehmen, Papierberge zu verhindern und die Daten und Prozesse zu digitalisieren. Obwohl es in Deutschland mit der Digitalisierung an manchen Stellen noch hapert, sind die Daten in Unternehmen mittlerweile zum Glück (fast) alle digitalisiert. Aber digital ist nicht gleich digital.
Wenn Sie diesen Artikel lesen, haben Sie vielleicht vor kurzer Zeit ein PIM-System eingeführt oder planen, eins einzuführen, um alle Produktinformationen zentral zu verwalten. Vielleicht arbeiten Sie momentan noch mit Produkttexten, die in Excel gespeichert werden. Oft sind diese deshalb nicht aktuell oder doppelt und dreifach gepflegt.
Dafür müssen Sie sich nicht schämen, Sie sind in bester Gesellschaft. Viele Unternehmen haben ein mehr oder weniger analoges Produktdatenmanagement und fangen erst jetzt an, unübersichtliche Prozesse zu konsolidieren. Alle eint das Ziel, zukünftig Zeit und Geld zu sparen und Fehler bei den Produktinformationen zu vermeiden.
Ein PIM-System ermöglicht eine zentrale, formatunabhängige Datenhaltung und ist die perfekte Lösung, alle Daten des Sortiments oder Inventars eines Unternehmens zu durchsuchen und anzupassen, um sie anschließend an die passenden Kanäle für die Weiterverarbeitung zu schicken. Der Einsatz von PIM-Systemen ist deswegen vor allem im E-Commerce unabdingbar, wo viele Daten in kurzen Zyklen in mehreren Sprachen aktualisiert werden.
Bekannte Hersteller von PIM-Systemen sind censhare, Noxum, eggheads, Pimcore, xmedia PIM und viele mehr.
Sie fragen sich jetzt, was das mit Übersetzung und TMS zu tun hat?
International tätige Unternehmen müssen die Produktdaten im PIM-System in mehrere Sprachen übersetzen bzw. lokalisieren. Alle verfolgen das Ziel, eine breitere Zielgruppe in neuen Märkten zu erreichen. Zur Erinnerung: Über 60 % der Kunden kaufen Produkte online nicht, wenn die Website und die Informationen nicht in deren Muttersprache verfügbar sind.
Im Zuge der PIM-Einführung müssen Sie sich deshalb auch die Frage stellen, wie die Inhalte aus dem PIM-System übersetzt werden sollen. Oftmals schlagen PIM-Berater Prozesse vor, die spätestens auf den zweiten Blick unpassend sind. Das Problem dabei ist, dass die Übersetzungsprozesse und die Anforderungen der Unternehmen so individuell sind wie die Menschen. Die angebotenen Standardlösungen können deswegen nie wirklich den echten Bedarf decken. Sie scheitern entweder an der manuellen Verwaltung, an der Datensicherheit oder an der Qualitätskontrolle.
Im Nachfolgenden beschreiben wir einige der bekanntesten Standardlösungen, die wahrscheinlich für die meisten Unternehmen unpassend sind.
Die Funktion ist für viele Szenarien nützlich, für den Export und Import von Übersetzungen allerdings nicht. Die Methode mag zuerst sinnvoll erscheinen – die zuständige Person kopiert die zu übersetzenden Texte in ein externes Dokument, die im Anschluss per E-Mail (oder auf sonstigem Wege) dem Sprachdienstleister geschickt wird. Dieser wiederum leitet das Dokument an Übersetzer weiter, die sie bearbeiten und zurückschicken. Nach Abschluss des Prozesses wird die Übersetzung in das PIM-System eingefügt. Klingt mühsam, kompliziert und fehleranfällig? Ist es auch!
An dieser Stelle ist es auch wichtig zu erwähnen, dass mit dieser Methode die Übersetzer keinen Zugriff auf wichtige Meta-Informationen aus dem PIM-System haben, die für die korrekte Übersetzung notwendig sind (handelt es sich beim Wort „Anhänger“ um ein Schmuckstück, eine Person oder einen PKW-Anhänger?).
Manche PIM-Systeme haben integrierte Funktionen, die direkte Übersetzungen im System ermöglichen. Das klingt im ersten Moment sehr praktisch. Wenn Sie aber mit einem Sprachdienstleister zusammenarbeiten, müssen Sie diesem dafür Zugang zu Ihrem System gewähren. Außerdem verfügen PIM-Systeme nicht über wichtige Funktionen wie die Anbindung eines Translation Memorys, einer Terminologiedatenbank oder eines Qualitätssicherungsmoduls.
Einige Sprachdienstleister versprechen einen automatisierten Übersetzungsprozess, indem die Daten über eine Schnittstelle an eine von ihnen bereitgestellte Übersetzungsoberfläche übermittelt werden. Auf diese Oberfläche greifen dann die entsprechenden Übersetzer zu. Dies mag für einige Unternehmen eine gute Lösung sein, aber es darf dabei nicht vergessen werden, dass dies zu einem Abhängigkeitsverhältnis führen kann. Wenn Sie den Anbieter wechseln wollen, haben Sie womöglich keinen Zugriff auf die bereits übersetzten Daten. Zumindest ist der Aufwand enorm, die Daten von einem Sprachdienstleister zum nächsten zu übermitteln und Sie haben so gut wie keine Kontrolle, die Datenhoheit liegt nicht mehr bei Ihnen.
Die Nutzung von maschineller Übersetzung (MÜ) kann in vielen Anwendungsfällen die Produktivität steigern. Ob ein Unternehmen MÜ einsetzen sollte, muss individuell anhand verschiedener Faktoren erwogen werden, aber darum geht es an dieser Stelle nicht. Fakt ist, dass MÜ in den drei oben genannten Prozessen auch eingesetzt werden kann. Zum Beispiel, wenn Sie als Auftraggeber die kopierten Texte durch eine generische MÜ jagen und anschließend ein Post-Editing anfordern. Die meisten MÜ-Engines können auch direkt in der Übersetzungsoberfläche des PIM-Systems oder des Sprachdienstleisters angebunden werden. Das Problem dabei ist, dass Sie als Auftraggeber bei diesen Szenarien keine Kontrolle über Ihre Daten haben. Je nachdem, wer an welcher Stelle diese Vorübersetzung macht, wissen Sie eventuell nicht einmal, dass maschinelle Übersetzung eingesetzt wird.
Ein automatisierter Prozess ist in den allermeisten Fällen einem manuellen vorzuziehen. Es gibt auch für Übersetzungsprozesse kinderleichte Automatisierungsmöglichkeiten, die den Arbeitsaufwand und die Fehleranfälligkeit drastisch reduzieren.
Um die Produktinformationen des PIM-Systems ideal übersetzen zu lassen, empfiehlt sich die Anbindung des PIM-Systems an ein Translation-Management-System mittels einer Schnittstelle und die anschließende Automatisierung des Prozesses. Wie der genaue Übersetzungsprozess aussehen soll, muss individuell bei der Einführung festgelegt werden. Auf die folgenden Vorteile können Sie sich allerdings jetzt schon freuen.
Wenn das PIM-System mit dem TMS verbunden ist, können Sie mit nur einem Klick einen automatisierten Übersetzungsprozess auslösen. Das heißt, neue oder geänderte Informationen werden automatisch erkannt und über die Schnittstelle von der PIM-Software an das TMS übermittelt. Der angebundene Sprachdienstleister erhält daraufhin eine Benachrichtigung, dass neue Texte zu übersetzen sind. Diese werden dann in der sicheren Umgebung des TMS bearbeitet und nahtlos zurück in das PIM-System eingefügt.
Sie können im Übersetzungsprozess auch festlegen, ob Sie den Einsatz von maschineller Übersetzung „erlauben“ oder nicht. Wenn die MÜ aktiviert ist, wird zuerst eine Vorübersetzung erstellt, die im Anschluss im TMS post-editiert wird. Der Vorteil an dieser Stelle ist die Datensicherheit, da Sie genau wissen, welche MÜ-Engine eingesetzt wurde und wie die Daten verarbeitet werden. Wenn in Ihrem Unternehmen sehr große Datenmengen übersetzt werden, ist die Einrichtung einer individualisierten MÜ-Engine erwägenswert, mit der die Qualität der Rohübersetzungen höher ist und somit den Aufwand für den Post-Editor verringert.
Ein weiterer großer Vorteil der Anbindung des PIM-Systems an das TMS ist der Zugriff auf das Translation Memory (TM), die Terminologiedatenbank (TB) und die Qualitätssicherung (QS). Es handelt sich hierbei um Module, die den Übersetzungsprozess beschleunigen, die Übersetzungsqualität verbessern und die Übersetzungskosten senken.
Last but not least ist auch noch die Lieferantenunabhängigkeit zu erwähnen. Wenn Sie die Produkttexte und -daten aus dem PIM-System über ein Translation-Memory-System übersetzen, können Sie die Lieferanten frei auswählen, da Sie nicht von deren Software abhängig sind. Der Wechsel zu einem neuen Sprachdienstleister wird somit erheblich vereinfacht und Sie können sich sicher sein, dass der neue Dienstleister Zugriff auf alle notwendigen Daten hat, um qualitativ hochwertige und einheitliche Übersetzungen zu liefern.
Die Vorteile eines PIM-Systems sind unumstritten, aber viele Unternehmen wissen noch nicht, dass es auch für die Übersetzung von Produktdaten Automatisierungsmöglichkeiten gibt, die einem das Leben erheblich leichter machen. Bei der Einführung eines PIM-Systems ist es wichtig, sich schon zu einem frühen Zeitpunkt im Projekt eingehend Gedanken über den Übersetzungsprozess zu machen und diesen individuell aufzusetzen.
Geschieht dies nicht, passiert es nicht selten, dass Sie zwar ein super PIM-System haben, aber den vollen Mehrwert daraus verschenken, weil die Übersetzung der Inhalte (weiterhin) viel Zeit und Geld verschlingt. Der Anschluss des PIM-Systems an ein Translation-Management-System über eine Schnittstelle ist eine einfache Möglichkeit, um die Qualität von Übersetzungen zu erhöhen und deren Lieferzeiten und Kosten zu senken.